Klangbilder der Orgel
Alle Stücke wurden gespielt von Jean-Charles Ablitzer
1. Toccata et Fuga BWV 564
in C-Dur
2. Choral BWV 709
Herr Jesu Christ, dich zu uns wend
3. Fantasia BWV 572
in G-Dur
Die Orgel
Die Orgel der Stiftskirche St. Georg wurde von dem Magdeburger Orgelbauer Christoph Treutmann d. Ä. von 1734 bis 1737 gebaut.
Sie ist als große, dreimanualige und fast vollständig original erhaltene Barockorgel ein bedeutendes Instrument des mitteldeutschen Orgelbaus.
Gerade auch wegen der außerordentlichen klanglichen Qualität ist sie Organisten und Orgelliebhabern weithin bekannt.
Einige wesentliche Stilelemente der Grauhofer Orgel fasst ein Kenner des Instruments so zusammen: „War in Norddeutschland die Aufstellung der verschiedenen Orgelwerke in räumlich voneinander getrennten Gehäusen noch lange üblich, findet sich in Grauhof wie auch schon in einigen Silbermann–Orgeln eine gewisse Verdichtung des Orgelklangs durch die Integration der Werke hinter eine auch für den Betrachter als Einheit empfundene Orgelfassade. Neben einer auch im norddeutschen Orgelbau üblichen Schiebekoppel vom Oberwerk zum Hauptwerk ist eine als Registerzug konzipierte Koppel mit Stechermechanik vom Hinterwerk zum Hauptwerk vorhanden, so dass man alle drei Werke zusammenspielen kann oder auch nur das Oberwerk und das Hinterwerk zusammen, was relativ neu für die damalige Zeit war. Treutmann verwendete auch sogenannte Streicher. Die erhaltenen zarten Register Viola da Gamba 8‘ und 16‘ im Hauptwerk haben eine sehr elegante, etwas überirdische Wirkung, die auch im Zusammenspiel mit anderen 8‘ – Registern sehr charaktervolle Klangfarben erzeugt. Hier zeigt sich ein Einfluss, der aus weiter östlich gelegenen Gebieten herrührt. Ein besonderer Effekt konnte an dieser Orgel auch durch das Klaviatur-Glockenspiel erzeugt werden, das der Erfurter Meister Buttstadt lieferte.“
Dieses Glockenspiel, ein besonders aufwändiges Accessoire und zunächst besonderer Stolz der Grauhofer Chorherren, wurde bereits 1848 als nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprechend ausgebaut.
Eine Generalrestaurierung der Orgel in den Jahren 1989 bis 1992 hat alle wesentlichen Bauelemente erhalten oder originalgetreu erneuert. Dabei wurde besonders viel Sorgfalt auf die Wiederherstellung des originalen Klangbildes verwandt. 2002 wurde auch das rekonstruierte Klaviatur-Glockenspiel wieder eingebaut.
Das Grauhofer Instrument mit 42 Registern und rund 2500 Pfeifen auf drei Manualen und dem Pedal erweist sich als besonders geeignet für die Interpretation des umfangreichen kompositorischen Werkes von Johann Sebastian Bach. Der große Leipziger Thomaskantor liebte vor allem die ihm aus seiner thüringischen Heimat vertrauten Streicher–Register. Bach–Interpreten, die den Klangvorstellungen des Meisters nahe kommen wollen, schätzen daher die Grauhofer Orgel besonders. Organisten und Orgelbauer reisen aus aller Welt an, um diese Orgel als eines der bedeutendsten, nahezu original erhaltenen Werke der Bach–Zeit kennenzulernen.
Große Kraft beim Spiel mit der vollen Orgel, Vielfalt bei den Einzel- und Solostimmen und enorme Gravität im Klang sind nur einige ihrer Eigenschaften. Neben barocken Werken ermöglicht sie aber auch die Darstellung von deutscher Romantik und Musik des 20. Jahrhunderts.
Sie dient häufig für Rundfunk– und CD–Aufnahmen, lockt alljährlich viele Besucher aus nah und fern zu den Konzerten des Grauhofer Orgel–Sommers und bringt sie bei Erklingen des 32‘ –Posaunen–Basses auch in den Genuss eines Plenumklanges, den ein Zeitgenosse Treutmanns so beschrieb: „… dass es einem in der Lufft grummelenden Donnerwetter nicht gar ohnähnlich verglichen werden mögte.“
Christoph Treutmann
Christoph Treutmann d. Ä. aus Magdeburg erlernte den Orgelbau bei Heinrich Herbst d. J., arbeitete viele Jahre in der Werkstatt von Arp Schnitger in Hamburg und war der Lehrmeister von Joachim Wagner aus Brandenburg.
Als Christoph Treutmann 1734 mit dem Bau der Orgel in der Stiftskirche St. Georg in Grauhof begann, war er bereits Mitte 60, wohlhabend, weithin als Orgelbauer bekannt und gerühmt, voll auf der Höhe der Zeit und aufgeschlossen für deren Neuerungen. Die Chorherren im Kloster Grauhof, ebenso selbstbewusst und wohlhabend und von dem Wunsch nach einem höchsten Ansprüchen gerecht werdenden Instrument beseelt, wussten dies sicher zu schätzen, als sie den Vertrag mit Treutmann schlossen. Treutmann seinerseits wusste zu schätzen, dass ihm hier in der neu erbauten, für norddeutsche Verhältnisse einzigartigen Barockkirche mit ihren hervorragenden akustischen Voraussetzungen eine ganz besondere Möglichkeit der Selbstverwirklichung im Orgelbau gegeben war.
So entstand in dreijähriger Bauzeit bis 1737 das größte und aufwändigste Instrument dieses Orgelbauers, sozusagen sein Vermächtnis an die Nachwelt. Eine glückliche Fügung wollte es, dass gerade dieses Hauptwerk Treutmanns alle Wechselfälle der Zeiten bis heute in seiner Grundsubstanz unverändert überdauert hat.